Dankbarkeit
24. 6. 2001
Mein
ganzes Leben lang bin ich immer dem gefolgt, was ich fühlte, wenn auch sicher
nicht total genug. Aber ich habe es gemacht, so schlecht vielleicht auch immer.
Ich bin ein schwacher Mensch, ich bin nicht perfekt. Ich bin kein Heiliger.
Aber ich sehe auch, dass es gar keine Heiligen gibt – außer vielleicht jenen,
die diesen Weg gehen, die durch das Leiden hindurchgehen, durch den Tod in die
Auferstehung. Ohne Tod keine Auferstehung.
Alles,
was mich aufhält schmerzt mich zwar, aber gerade durch Schmerz und
Kapitulation, also durch Tod erlebe ich ständig neue Auferstehungen, die mich
auf immer neue Ebenen bringen, so dass ich nach und nach meine Schulden an das
Leben begleichen kann.
Ich
brauche keine Angst haben. Ich brauche von jetzt an keine Angst mehr haben. Die
Kraft ist mit mir – die Kraft des Todes, die Kraft des Eingestehens der Not.
Das ist das neue Evangelium, die neue Sutra, so kurz: „Die Kraft des Eingestehens
der Not. Das ist die Lösung“. „Die innerste Wahrheit bewegt sogar Schweine und
Fische“, sagt das I Ching.
Der
liebe Gott hat die Welt so eingerichtet, dass auf das Eingeständnis der Not die
Erlösung folgt.
Sobald
ich schwach bin, bekomme ich Hilfe. Nun kann ich das einsetzen, was viele
unbewusste Menschen einsetzen, um andere zu tyrannisieren, nun – nach dem
Eingeständnis der Schwäche – kann ich es positiv einsetzen, ohne
Hintergedanken, einfach als das, was es ist, und das bringt die Erlösung ohne irgendjemand
zu belasten. Alle profitieren. Alle freuen sich. Keiner fühlt sich
ausgeschlossen. Alle gehören dazu, jeder auf seine Weise. Und wenn einer
akzeptiert wird, wofür sollte er noch rebellieren? Oder verrückt werden? Das
alles wird überflüssig, einfach durch jene kleine Regel. Gestehe deine Not ein
und bitte um Hilfe und die Hilfe kommt. Du bist nicht allein. Die Welt ist so
gebaut. Das ist kein psychologischer Trick, sondern das ist ein Naturgesetz.
Und dieses kleine Wissen bringt jene stets von allen überall gesuchte Erlösung.
Natürlich muss ein Mensch dazu runter von seinem hohen Ross – der Einbildung,
er wäre besser. Keiner ist besser. Alle sind bedürftig und wenn sie nicht
bekommen, was sie brauchen, werden sie sauer und böse und das hat seine Konsequenzen,
Morde, Kriege etc. Aber das muss nicht sein. Es gibt einen anderen Weg. Es gibt
auch eine mögliche Kulturform, in der das praktiziert wird, in der das als die
heilige Botschaft tradiert wird, weil die Menschen erkannt haben, dass es so
ist. Es ist einfach die Erlösung aus lebenslanger Angst.
Wer
möchte davon nicht erlöst werden? Und der Weg verlangt keinen gesonderten
„Gottes-Dienst“, einfach nur die Wahrheit, das, was ist. Die Angst ist da.
Zeige sie doch, gestehe sie dir ein und bitte um Hilfe und sie wird
verschwinden. Das ist ein möglicher Weg für alle – ohne schwere Bürden. Einfach
nur das. Keine andere Disziplin. Nur die Wahrheit. Und die ist doch ohnehin der
Fall, also was wollen wir sie länger leugnen. Es ist was ist. Alle sehen es
ohnehin, aber es macht die Welt eines Unterschieds, ob wir es zugeben oder ob
wir vorgeben drüberzustehen.
Die
drüberstehen, bekommen die Hilfe natürlich nicht. Die müssen sie sich erkämpfen
und wissen immer, dass das eigentlich nicht das ist, was sie wollen. Sie wollen
doch auch zuerst einmal geliebt werden. Doch wer liebt einen, der drübersteht?
Das törnt doch alle nur ab.
Außer
„die Diener des Tiers“ (Apokalypse) natürlich, die wollen imponieren und
dadurch die Menschen gewinnen, durch Druck, durch Zwang. Das bedeutet ja
„imponieren“, jemand eindrücken. Wir brauchen niemand eindrücken, um Hilfe zu
bekommen, wir brauchen nur unsere Bedrücktheit zugeben und schon wird es
besser.
Die
Diener des Tiers werden letzten Endes dagegen keine Chance haben, weil sie es
doch selber spüren, dass da was nicht stimmt. Sie werden am Ende umfallen und
zugeben, dass sie auch Bedürfnisse haben. Und dann werden auch sie erlöst sein.
Das
ist unsere Arbeit, diese Welt zu errichten, hier und jetzt, nicht in einem
abgegrenzten Zirkel religiöser Freaks, sondern im ganz normalen Leben.
Ich
kann nur staunen über die Worte, die hier aus mir herauskommen. Es ist eine
absolute Gnade, die mir gewährt wird, dass ich ein sehr beteiligter Zeuge
dieses Vorgangs sein darf. Es ist ein Wunder. Ich kann nichts dafür.
So
einfach ist das, was Religion eigentlich ist. Alles andere sind Formen, die nur
verdecken, worum es geht. Allzuviele halten sich mit den Formen auf und
spintisieren alles Mögliche hinein. Es braucht keine Formen dieser Art mehr.
Diese Zeit ist gottseidank vorbei. Mit all dieser mörderischen Bigotterie. Es
gibt sie ohnehin noch genug, viel zu viel. Nur weil sie alle immer so gut sein
wollen, dafür müssen die anderen schlecht sein. Ich will nicht gut sein, denn
ich weiß, ich kann es gar nicht. Und so sind mir die anderen auch nicht
schlecht, die es, wie ich, auch nicht können.
Mein
Mitgefühl ist im Moment mit den Starrsinnigen. Es ist schade, dass sie so viel
Leid erzeugen für sich selbst und für so viele andere. Es ist schade. Sie
können nämlich aufhören damit, sobald sie den ersten Hoffnungsstrahl gesehen
haben, dass es eine andere Möglichkeit wirklich gibt, dass es keine Illusion
ist und auch kein Märchen, dass es diese Möglichkeit, Frieden zu finden,
wirklich gibt. Aber was berührt diese Starrsinnigen – einfach auch ihr Schmerz,
der doch da ist, denn diese ständige Verkrampfung tut weh. Der Schmerz ist der
Auslöser, dann nicht mehr neuen Kampfes, sondern der Erlösung, die auch für sie
im Zugeben ihrer Bedürftigkeit besteht.
Es
ist eine enorme Schwelle des Stolzes, die da zu überwinden ist. Aber wenigstens
für den Verstand ist das Argument klar: Die Heilung kommt von der Wahrheit. So
einfach ist das. Und sich daran zu erinnern, wird helfen.