Die
Transformation der christlichen Religion
(30. 10. 2001)
Es
gibt eine Form des Christentums, die in keinerlei Widerspruch steht zu den
anderen Religionen, Buddhismus, Islam, Hinduismus, Judentum, Schamanen etc..
Und
gleicherweise gibt es eine Form des Islam genauso wie eine Form des Buddhismus,
etc. die in keinerlei Widerspruch stehen zur christlichen Religion.
Diese
Form jeweils ist die künftige Gestalt dieser Religionen.
Wenn
die lokalen Dogmen zuende gedacht sind, werden sie als das erkannt, was sie
sind, eben lokale Dogmen, die lokale Färbung der einen Wahrheit. Und diese
lokalen Farben sind anderswo natürlich anders. Die Wahrheit ist aber die
gleiche, in welche Geschichten und andere Hüllen sie auch immer gekleidet sein
mag.
Die
lokalen Dogmen haben ihre Bedeutung, da mit ihrer Hilfe der jeweilige Mythos
seine Wirkung tun kann. Aber wenn er seine Wirkung getan hat, ist der Mythos
eben das, was er ist, ein Mythos, eine Geschichte, die etwas bedeutet und die
eine positiv verzaubernde Wirkung haben kann – die, wenn sie nicht verstanden
wird, unter Umständen aber eine sehr destruktive Wirkung hat, wie etwa in den
vielen Formen des religiösen Wahns, der viel weiter verbreitet ist, als
allgemein angenommen wird, der bei weitem nicht auf die Psychiatrie beschränkt,
sondern auch in durchaus geachteten Kreisen anzutreffen ist. Wahn ist jeder
Aberglaube, so wie früher der Glaube an die Hilfe der Götter als Aberglaube
bezeichnet worden ist, so muss heute jeder wirkungslose (oder negativ wirkende)
Glaube als Aberglaube bezeichnet werden, als Wahn. Wahn ist letzten Endes
alles, solange ein Mensch nicht heimgefunden hat zu seinem Ursprung, solange er
nicht erkennt und lebt, was die schöpferische Kraft, von ihm will – die schöpferische
Kraft und nicht irgendein Dogma. Solange das Dogma nicht erkannt ist, lebt der
Mensch im Wahn, nämlich in dem Wahn, er wüsste Bescheid. Wer die Kraft erlebt
hat, weiß, dass er nie Bescheid wissen wird. Er erkennt seine absolute
Geringheit – und gleichzeitig seine Göttlichkeit. Und er versteht den Mythos
und alle Menschen in ihren Stärken und Schwächen.
Bei
denen, die die Kraft noch nicht erlebt haben, ist der Mythos oder das Dogma ein
Bild, das sie in einer sehr eingeschränkten Weise verstehen, aber mit diesem
eingeschränkten Verständnis beurteilen sie die Welt – und verstehen nichts. Da
liegt der Grund für das strenge Bilderverbot im Judentum und im Islam. Die sich
dessen nicht bewusst sind, urteilen, sie schließen aus, sie meinen, sie wären
besser. Welche wahnhaften Folgen das hat, zeigen die religiös motivierten
Kriege und Intrigen aller Zeiten. Die größten Gräuel sind schon religiös
gerechtfertigt worden.
Und
doch kann es sein, dass die Freiheit verteidigt werden muss. Und dass das Opfer
unter denen fordert, die unsere Freiheit beschränken wollen, hoffentlich nur
geringe. Und es erfordert auch unser Opfer, unsere vollkommene Hingabe an das
Ganze, was immer das von uns verlangen mag. Immer aber voll Mitgefühl mit den
Gegnern, mit denen, deren Widerstand überwunden werden muss. Nur mit Mitgefühl
kann er überwunden werden, nur durch Mitgefühl kann Harmonie erreicht werden –
niemals durch eine Moral, die macht nur abhängig von denen, die sie
vorschreiben. Mitgefühl dagegen bewirkt Einigung.
Es
ist nicht auszudenken, wohin die Reise einer geeinten Menschheit führen kann,
einer nicht im Zwang, sondern in der Freiheit geeinten Menschheit, einer
Menschheit, in der die gegenseitige Wertschätzung im Zentrum jeden Handelns
steht. Natürlich kann da jede Not besiegt werden, ja die ganze Menschheit wird
zu einem einzigen Organismus, der über sich hinauswächst, aber nicht in Form
einer Krebsgeschwulst, wie jetzt teilweise noch, sondern bereits geheilt und
stets achtend auf das Gleichgewicht.
Auf
das Gleichgewicht achten heißt, den Hunger stillen und den Überfluss absondern
und das heißt, die schlecht versorgten Regionen aufschließen und besser
einbinden und den Überfluss fruchtbringend verteilen. Das wird die (sozialen
und die individuellen) Krankheiten der Menschen heilen.
Auf
diese Weise wird die Menschheit dann tatsächlich den Weltraum erobern und auf
andere Intelligenzen treffen und mit ihnen zusammen den Prozess der Bewusstheit
weiterführen.
Was
von Jesus da noch übrig sein wird? Alles. Ja er wird viel besser verstanden
werden, er wird vollkommen verstanden werden. Viele werden sein wie er, auf
ihre eigene Weise natürlich. Auch die „Aliens“ werden ihn kennen und verstehen
lernen und wir wieder werden ihre Weisen kennen lernen und von ihnen wieder neu
inspiriert werden zu dem noch größeren Bild des Ganzen.
Jesus
wird gegenwärtig sein und in ihm wird sich alles spiegeln, genauso wie in allem
anderen. Aber das Dogma wird erkannt sein und kein Zwang mehr. Es wird daher
auch nicht mehr so wichtig sein, weil es eben nur eine von so vielen möglichen
Perspektiven ist und weil es so viele andere Wege auch noch gibt.
Die
Formen der christlichen Religion mögen sich vielleicht gar nicht allzu sehr
verändern. Aber wenn das Verständnis da ist, werden sie sich anpassen an das
heutige Bild, an das Bild, das ich eben dargestellt habe.
Der
Wahrheit folgen heißt aber auch: Alle, die ich verachte, ihr Schicksal muss ich
erfahren, damit ich sie nicht mehr verachte, sondern damit ich sehe und
verstehe. Das ist das natürliche innere Entwicklungs- oder Lern-Programm, das
oberste Programm unserer Sehnsucht. Es erzeugt unter Umständen Krankheiten und
Leiden, denn es treibt uns in Richtung Mitgefühl. Wenn das Mitgefühl erwacht
ist, ist das Leiden nicht mehr nötig, dann lebt der Christus in mir, der
Heiler. Er ist meine innerste Natur. Meine Sehnsucht führt mich zu meiner
Natur, zu mir selbst. Die Sehnsucht ist das Selbstfindungsprogramm der Natur.
Es wirkt universell. Es verfügt über alle mögliche Information und es bewirkt
„außen“ die erstaunlichen „Zufälle“, die uns auf unserem Weg führen.
Wir
müssen aber erst lernen, auf diese Führung zu vertrauen und sie unterscheiden
lernen von den Stimmen der Verführer, die mit dem Ganzen nicht übereinstimmen.
Das lernen wir, indem wir sämtliche inneren Stimmen vor uns erscheinen lassen
und sie betrachten und fühlen, wie sie sich anfühlen, was sie bewirken, wie sie
uns möglicherweise verändern. Dann werden wir wissen, was das Beste für uns
ist. Dann werden wir die Führung entdecken in uns und in den „Zu-Fällen“
unseres Lebens.
Solange
wir uns selbst zensurieren, können wir die Stimmen nicht klar unterscheiden,
weil wir uns selbst im Fühlen behindern, indem wir Dinge von vornherein
ausschließen. Selbst wenn es kriminelle Neigungen wären, dürften wir sie nicht
aus unserem Bewusstsein ausschließen – oder es könnte sich bitter rächen in
einem Augenblick der Unachtsamkeit. Wenn wir sie uns aber zum Bewusstsein
kommen lassen, und uns in sie einfühlen, werden wir schnell entdecken, ob sie
sich wirklich gut anfühlen oder ob sie nur wieder eine von unseren Illusionen
waren. Unsere Natur führt uns schon und zwar zu dem, was uns fördert und sie
lenkt uns von dem ab, was uns schadet. Wenn wir aber Dinge leugnen, kann die
Führung nicht wirken. Das oberste Gebot ist daher Ehrlichkeit, Treue zur
Wahrheit, jedenfalls uns selbst gegenüber. Daraus entsteht die innere Führung
und sie wird mit der Zeit immer klarer, umso weiter wir unsere Dunkelheit
aufklären, unsere Tabus, unsere Unberührbarkeiten, unsere Schwächen. Wir brauchen
nur achten auf das, was ist. Dann wird sich alles klären.
Was
immer dafür nötig sein mag, damit wir uns selbst zur Ehrlichkeit anhalten,
müssen wir einsetzen und wenn es irgendwelche regelmäßigen Rituale wären, denen
wir uns unterziehen. Es wird aber zur Ehrlichkeit gehören, diese Mittel als
Mittel zu identifizieren und ihnen keinen Absolutheitsanspruch zuzugestehen,
denn es gibt immer auch andere Wege – für andere. Jeder muss seinen eigenen Weg
finden. Die Wahrheit ist das Ziel und sonst nichts. Alles andere sind Mittel,
von denen aber die einen für die einen und die anderen für die anderen geeignet
sind. Kein Mittel darf irgendjemand aufgezwungen werden. Sie alle müssen ein
freies Angebot sein und bleiben. Das bedeutet „Religionsfreiheit“.
Staaten,
die ihren Bürgern ihre Religion vorschreiben, müssen daher damit aufhören. Auch
in islamischen Staaten muss die freie Religionsausübung für Angehörige anderer
Religionen garantiert werden und zwar für alle ihrer Varianten – auch für
alternative Formen ihrer eigenen Religion (z.B. Sufis und auch individuelle
Formen).
Aber
auch in unserem Geist müssen wir alle diese Formen zulassen, sie fühlen, dann
werden wir sehen, was davon für uns taugt.
Zulassen
macht zunächst oft Angst. Etwas Neues, Unbekanntes kommt auf uns zu und wir
wissen noch nicht, was es mit uns machen wird. Die Angst ist normal. Sie
verschwindet, indem wir etwas kennen lernen. Und so geht der Weg. Mit der Zeit
lernen wir uns besser kennen, gerade im Umgang mit dem immer Neuen. Das ist der
Weg zum Fühlen, d.h. zum tiefen Wahrnehmen dessen, was ist. Die Wahrheit führt
notwendig zum Mitgefühl. Und danach sind die Formen nicht mehr wichtig – obwohl
es gut sein kann, dass wir unser Leben der Weitergabe der Formen widmen, die
uns in die Freiheit (also zur Wahrheit) geführt haben, sei das eine
traditionelle oder sei es eine moderne Form oder überhaupt eine persönliche
Entdeckung.
In
dem, was ich hier gesagt habe, scheint von einer christlichen Form nicht viel
übrig – und doch ist die ganze Form pur christlich, die christliche Urform. Die
Form, die Jesus verkörpert hat, wofür er gelebt hat und wofür er gestorben ist.
Genau das hat ihm Unsterblichkeit verliehen auch nach außen hin. Genau von
dieser Form spreche ich, es ist die (unendlich variable) Form der Wahrheit. Sie
kann nur in Freiheit existieren, zur Not in einer inneren Freiheit. Doch die
äußere Freiheit sollte nicht fehlen. Wenn sie aber doch fehlt, ist das eben
unsere Herausforderung. Jesus ist ihr nicht ausgewichen und wir brauchen es
auch nicht. Die der Wahrheit folgen, werden überleben. In unseren Zeiten und in
unserer Kultur fehlt diese äußere Freiheit ohnehin nicht. Daher sollte es uns
umso leichter fallen, unsere Freiheit zu entdecken. In unserer Freiheit
erscheint „der Christus“ oder auch „der Vater“, jedenfalls eine klare innere
Führung und Unterstützung auch von außen.
Die
Wirklichkeit verbeugt sich vor der Wahrheit. Das ist ein Naturgesetz. Natürlich
gibt es auch den Widersacher, also die Kraft, die sich gegen die Wahrheit
stellt und sie wird aktiv, indem wir mit der Wahrheit aktiv werden, trotzdem
bleibt das Überwiegen der Unterstützung deutlich spürbar. Sie ist immer stärker
als der Widersacher. Das ist bei allen so, die sich der Wahrheit verschrieben
haben. Die schöpferische Kraft überwiegt und durchschaut die opponierenden
Kräfte. Das ist Urchristentum pur.
Die
historisch entstandenen Formen sind nicht mehr so wichtig, nachdem das erkannt
ist, bzw. mögen sie für manche wichtig sein und bleiben, aber die, denen sie
wirklich wichtig sind, werden das nicht zum Anlass nehmen, andere, denen diese
Formen nicht so wichtig sind, auszuschließen. Eine Hilfe darf nicht zum
Hindernis werden, so wie das in vielen gegenwärtigen (auch christlichen)
Ambientes – noch – der Fall ist.
Im
Grund geht es um Heilung. Und sie liegt allein in der Wahrheit. Dahin
transformiert die christliche Religion – zurück zum Ursprung.