Gebet – und: die Natur der Natur
3. 8. 2002
Ich
bitte Dich, lieber Gott, führe mich richtig.
Ich
habe nur Dich als Führung.
Das
heißt, ich habe letzten Endes nur das, was Du mir gegeben hast, das Sensorium
meines Körpers.
Ich
kann nur darauf vertrauen, dass Du mich gut gebaut hast, dass Du mir auch
Korrekturmechanismen eingebaut hast, Programme, die mich richtig führen, wenn
ich sie nur arbeiten lasse.
Ich
bemühe mich sehr, sie nicht zu behindern und genau zu fühlen.
Mehr
kann ich nicht tun. Der Rest ist Deine Sache, den Rest musst Du tun.
Also
ist da noch ein Rest, der nicht von meinem Sensorium abhängt, aber doch von
diesem wahrgenommen werden kann. Das weiß ich. Ich habe es immer wieder
erfahren.
Und
dieser Rest ist die Wirkung der Intention, die sich in mir bildet durch die
innere Übereinstimmung – und sei es in der Kapitulation.
Die
Kapitulation mündet in das Gebet, dass ich gerade sagte.
Mit
dem Sensorium meine ich natürlich auch mein soziales Sensorium – das in alle Dimension
unserer heutigen Welt reicht. Ich nehme ja wahr, was geschieht und das wirkt
auf mich, ob ich will oder nicht - ich kann mich also entscheiden, es bewusst
wahrzunehmen, anstatt mich unbewusst fortreißen zu lassen von einer Strömung,
wie die faschistischen oder die kommunistischen oder die anderen ideologischen
Strömungen in der Gesellschaft – aber auch in der Familie und in den
persönlichen Beziehungen, wo sie sich in Form von Abhängigkeiten zeigen, also
von Unbewusstheit.
Der
Weg aus den Abhängigkeiten geht nur über vollkommenes Vertrauen in das eigene
Sensorium.
Nur
unsere eigenen Sinne können uns zeigen, was wirklich der Fall ist.
In
dieser Wahrnehmung zeigt sich, wo die Übereinstimmung liegt und wo die
Widersprüche sind. Wir sehen also die richtige Einstellung dem eigenen Leben
und der Welt gegenüber.
So
formt sich jene Intention, die die Dinge wirklich bewegen kann – im Sinn des I Ching, wo es heißt „Die innerste Wahrheit bewegt sogar
Fische und Schweine“.
Diese
Wirkung beruht auf der innigsten Verbundenheit eines jeden Wesens mit dem Rest
der Welt. Die innerste Wahrheit kann von den Betroffenen wahrgenommen werden
und bei ihnen, wenn sie ehrlich sind bewusst, oder sonst kann sie eventuell
auch unbewusst wirken und sie bewegen.
Diese
Wirkung ist nicht die Wirkung irgendeiner Übernatur. Es ist die Wirkung der
Natur.
Sie
beruht auf der Tatsache, dass alles in der Welt innigst
miteinander verbunden ist. Und zwar nicht nur diejenigen, die in unmittelbarem
Kontakt stehen, auch diejenigen, die sehr weit voneinander entfernt sind, denn
die Welt ist wirklich eins.
So
werden heute eben Menschen bewegt von dem, was in ganz anderen Erdteilen
geschieht. Sie werden angezogen. Etwas in ihnen – ihr Selbstkorrekturprogramm
zunächst und dann, wenn die Korrektur erfolgreich abgeschlossen ist, zieht uns
der nächste Hauptwiderspruch, in dem wir stehen in unserem familiären und
weltweiten sozialen Netz.
Wenn
unsere Widersprüchlichkeit ihre Lösung gefunden hat in dem, was „Hingabe“
genannt worden ist oder „Kapitulation“ oder „Akzeptieren“, und wenn wir die in
uns wirkende schöpferische Kraft des Universums ihre Arbeit tun lassen, werden
wir zu Erlösern für andere. Das ist der natürlich vorgegebene Weg, dessen Natur
eben in der allgemeinen Verbundenheit aller mit allem liegt. Es geht Richtung
Ausgleich der Gegensätze.
Das
ist das alte Evolutionsprogramm von Anfang an. Schon die Elektronen leben so
und alle anderen Teilchen und Kräfte. Das ist der Motor der Evolution, ein
Programm, das die Materie in Bewusstheit verwandelt und schon von Anfang an ein
real vorhandenes Bewusstsein der Materie darstellt. Wer könnte sagen,
Elektronen seien nicht bewusst und sie hätten nicht eine eng eingegrenzte, aber
doch vorhandene Wahlmöglichkeit oder Freiheit?
Aber
natürlich werden auch sie bewegt durch die Intention, also durch den
ausgerichteten Willen, der dann ausgerichtet ist, wenn er mit sich selbst
übereinstimmt und nicht mehr gespalten ist. Von da an wirkt das, was Castaneda
„Wille“ genannt hat, also eine produktive Kraft – die aus der Ausrichtung der
Energie in eine Zielrichtung hervorgeht, so etwas wie ein punktförmiger Laser,
der alles durchschneidet – aber natürlich nicht im Sinn eines Schneidens,
sondern im Sinn einer Prägung, einer Formung nach einem Bild.
Das
ist der Hintergrund der Wunder.
Solche
Wunder sind nicht nur persönliche Heilungen, sondern es gibt diese Wunder auch
sozial. Das deutsche „Wirtschaftswunder“ nach dem zweiten Weltkrieg war ein
solches Wunder. Die Intentionen der Menschen haben sich ausgerichtet auf ein
besseres Leben. Und sie haben es bekommen.
Das
Beispiel zeigt, dass einiges möglich ist, wenn sich die Menschen einig sind –
und natürlich ist noch viel mehr möglich als das,
weltpolitische Wunder.
Solche
Wunder betreffen auch die persönlichen Beziehungen. Auch da kann die Intention
in vollkommener Harmonie mit sich selber sein und dadurch den anderen
erreichen.
Das
ist der „Sauerteig“, von dem Jesus gesprochen hat, aber bei anderen Anlässen
hat er von der Kraft der Wahrheit gesprochen und beides meint das Selbe.
Dasselbe wie das I Ching mit der „innersten
Wahrheit“. Das ist dann „im Geist und in der Wahrheit“.
Die
Kraft, die da wirkt, ist, wie gesagt, nichts Übernatürliches, es ist die Kraft
der Schöpfung, die seit je her immer und überall alles wirkt.
Es
geht nur darum, zuerst dieses Selbstkorrekturprogramm zu entdecken in sich
selbst. Und sich ihm dann anvertrauen.
Das
ist der „Glaube“, der verlangt ist. Es ist kein „Glaube“ an irgendwelchen
Hokuspokus, sondern der Glaube an die Natur, an die Gutheit der Schöpfung auch
in uns. Dass wir darauf vertrauen, dass wir von Anfang an gut gebaut sind, dass
wir unserem Schöpfer also vertrauen, dass er uns richtig führt. Wir haben
ohnehin keine Wahl. Wenn wir in irgendeiner Weise abhängig bleiben, werden wir
immer leiden. Wenn wir das Leiden überwinden wollen, müssen wir uns daher
unabhängig machen.
Und
das sich unabhängig Machen, ist keine Leistung, obwohl es von außen betrachtet
vielleicht wie eine gewaltige Leistung der Selbstdisziplin erscheinen mag, aber
die Energie, die die notwendige Veränderung bewirkt, ist schon da, vor unserer
Intention. Unsere Intention erzeugt sie nicht, wir stellen uns nur auf sie ein.
Die Intention ist also keine Krafterzeugung, sondern nur eine genaue
Einstellung auf unsere Realität. Ein Wahr Nehmen dessen, was ist.
Es
ist uns gegeben, das zu vermögen.
Warum
sollten wir dieses Talent daher nicht nutzen? Es macht uns frei. Natürlich
fordert es uns auch total. Aber das ist o.k., es ist keine Last, sondern eine
Befriedigung. Deshalb sagt Jesus „mein Joch ist sanft“. Er sagt nicht, dass es
kein Joch ist, aber dass es leicht zu ertragen ist, weil es eben die Energie
schon in sich hat. Wir brauchen sie nur zulassen, sie wirken lassen durch uns.
Wir müssen uns ihr nur zur Verfügung stellen, ganz und gar, echte „Sklaven Jahwe’s“, genau so, wie das Alte Testament es meint.
Gleichzeitig
also Knecht und vollkommen frei.
Die
anderen, die das nicht erfahren haben, sind nur Knechte, aber eben nicht der
schöpferischen Kraft, sondern irgendwelcher „irdischen Mächte“, sie dienen dem
„Mammon“ oder irgendeinem anderen Götzen, irgendwelchen Bildern eben, denen sie
gleichförmig werden wollen. Sie haben sich selbst noch nicht gefunden. Sie
haben Angst vor der Knechtschaft, obwohl sie sich mitten in ihr befinden, und
obwohl sie sich in ihr befinden, fürchten sie doch die Konsequenz der Freiheit,
nämlich jene andere Knechtschaft – ohne zu wissen, dass diese andere
Knechtschaft die tatsächliche Freiheit ist – nämlich die Übereinstimmung von
innen und außen.
Es
reicht nicht, dass jemand handelt, wie er sagt, dass er also „beim Wort
genommen“ werden kann. Es ist darüber hinaus notwendig, mit sich selbst
übereinzustimmen, also vollkommen ehrlich zu sein sich selbst gegenüber.
Nur so entsteht die
befreiende Intention, die heilende Intention.
Und
wenn sie entstanden ist, breitet sie sich aus, weil sie ja [wie „Gott“ von
Anfang an] nicht bei sich bleiben will, weil sie sich von Natur aus verschenken
will, denn darin liegt die größte Befriedigung.
Natürlich
kann sich niemand verschenken, der nicht mit sich selber eins ist.
Das
können wir immer wieder beobachten, wie manche Gastgeber sich bei dem Gast
gleichzeitig für ihre Gastfreundschaft rächen. Sie tun offenbar etwas, was sie
gar nicht tun wollen, daher bauen sie Fehler ein, d.h. eine unbewusst wirkende
Kraft baut Fehler ein. Diese Menschen sind so sehr in Konventionen gefangen,
dass sie nicht wahrnehmen können, was sie tun, sie stehen unter einem Zwang.
Diese
zwanghaften Menschen können der Gesellschaft schon auch gute Dienste leisten,
aber die liegen eben auf dem Gebiet für das sie offen sind, also innerhalb
ihrer Konventionen und Zwänge, während sie gleichzeitig für das Wesentliche
verschlossen sind, für die Wahrheit. Die erschiene ihnen doch zu riskant.
Aus
dem inneren Widerspruch entsteht Leiden.
Der
frustrierte Teil, „das frustrierte Kind“, baut nicht nur Fehler ein, es braucht
auch eine Ersatzbefriedigung für das nicht erfüllte Sehnen, es hat daher eine
Sucht. Das ist das Grundmuster der Sucht. Und diese Sucht erzeugt ein zu Viel,
das der Organismus auf Dauer nicht abbauen kann, woraus dann neue körperliche
Leiden entstehen. Manche dieser körperlichen Leiden sind auch ererbt, weil
nämlich auch Vorfahren einer Sucht zu sehr gefrönt haben, weil sie zu sehr
frustriert waren, ohne den Ausweg zu entdecken, nämlich das
Selbstkorrekturprogramm. Ihre Konventionen (ihre Zwänge, das „Recht-tun Wollen“ des inneren Kindes, das der überwältigenden Macht
der Eltern ausgesetzt ist) haben ihnen nicht erlaubt, ihm zu folgen.
Der
Zwang beginnt daher schon im zarten Kindesalter. Das Leben beginnt, wie gesagt,
bereits mit Vorbelastungen – mit dem was einmal „Erbsünde“ genannt worden ist,
was heute aber keiner mehr versteht. Das ist gemeint.
Es
sind die Lasten, die unsere Eltern schon von ihren Vorfahren übernommen haben
und zu tragen hatten und die bereits sie deformiert haben.
Für
manche sind diese Deformationen möglicherweise unausweichlich und unheilbar,
für andere aber gibt es einen Ausweg. Er kommt aus dem Wahr Nehmen.
Wenn
jemand unter der Last einer Sucht stöhnt, kann er sich das bewusst machen. „Um
Gottes willen, wohin bin ich nur geraten, in die totale Abhängigkeit. Ich will
aber frei sein, Du hast mich doch frei gewollt, also hilf mir jetzt, da raus zu
kommen.“ Und ich stelle mich auf meine düstere Wahrheit ein und spüre den
Schmerz, den sie enthält. Und der Schmerz wird mich bewegen, die Wahrheit wird
mich bewegen. Das ist das Selbstkorrekturprogramm.
Indem
wir gegenüber dem, was wir fühlen, aufmerksam sind, werden wir automatisch in
die heilende Richtung gedrängt.
Das
ist der Weg.
Das
ist das einzige, was einem Menschen gesagt werden kann, der heil werden möchte.
Alles andere muss er selbst herausfinden, durch Versuch und Irrtum, durch
Experimente, die seine Wahrheit zutage fördern.
Den
Mut und die Energie dazu liefert unsere Lebenskraft, die ja die schöpferische
Kraft ist.