Instinkt - Hypnose - Religion
Zu den Grundlagen der Hypnose im Rahmen der Psychotherapie
Der Einsatz der Hypnose im
therapeutischen Kontext beruht auf der Erfahrungstatsache, daß der Organismus
über die Fähigkeit verfügt, sich selbst zu regenerieren, wenn eine Störung oder
eine Beschädigung eingetreten ist. Alles, was dazu nötig ist, ist es, den
Einfluß des zweiten menschlichen Steuerungssystems, das auf dem Denken beruht,
vorübergehend auszuschalten.
Diese Tatsache ist bekannt,
seit es Menschen gibt; insbesondere die Religionen beruhen darauf in ihrem
Ursprung - natürlich nicht in dem, was später daraus (natürlich wieder mit dem
Denken) gemacht worden ist.
Der Klassiker der Literatur
über Yoga, Patanjali, beschreibt als Ziel des Yoga die Ausschaltung des Denkens
- eben weil er das Denken als die Fehlerquelle im menschlichen Steuerungssystem
erkannt hat.
Auch die Bibel führt gleich
zu Anfang alle menschlichen Probleme auf das Denken zurück: Der Bibel nach sind
die Menschen als Ebenbilder Gottes (wörtlich als "Kopien" von Gott)
geschaffen und demgemäß leben sie natürlich im Paradies. Sie werden gewarnt vor
den tödlichen Folgen, aber es reizt sie einfach zu sehr: Sie essen vom
"Baum" der Erkenntnis von "gut" und "schlecht".
Und von dem Moment an richten sie sich in allem, was sie tun, nach den
Kategorien von "gut" und "schlecht". Von dem Moment an
denken sie beispielsweise, daß Nacktsein schlecht ist und sie schämen sich. Und
Kain ärgert sich so darüber, daß er seinen Bruder für "besser" hält,
daß er ihn erschlägt.
Vorher waren die Menschen
einfach bereit, das Leben zu nehmen, wie es kommt, und das war die Grundlage
des Paradieses. Es gab immer das, was notwendig war. Gelegentlich gab es Luxus
und gelegentlich gab es Not, das war normal, so wie eine Welle beim
Hereinkommen etwas bringt und beim Hinausrollen etwas nimmt.
Da sie das alles einfach
akzeptierten, wie es war, hatten sie alle Zeit und alle Muße, aufmerksam zu
sein für die Dinge, die sie gerne hatten (instinktiv, nicht kategorial). Und
weil sie keine Zeit verschwenden mußten mit Nachdenken, konnten sie
blitzschnell reagieren und ihre Chancen optimal nutzen.
Auch ihre anderen Sinne
waren in voller Funktion und so konnten sie Dinge auf einem so feinen Niveau
spüren, daß sie schon den Eindruck erwecken konnten, sie hätten telepathische
Fähigkeiten.
Von dem Zeitpunkt an aber,
an dem sie mit der Einordnung von allem und jedem in ihre
"gut"-"schlecht"-Listen begonnen hatten, waren sie ständig
damit beschäftigt. In ihrem Wahrnehmungssystem entstand dadurch eine Art
Grundrauschen, das ihre Wahrnehmungsfähigkeit seither eben bis zu jenem Grad
behindert.
Die Hauptschwierigkeit aber
entsteht vor allem dadurch, daß die Entscheidungsprozesse von da an nicht mehr
auf der Wahrnehmung der Gegenwart beruhen, sondern auf den Erfahrungen aus der
Vergangenheit. Das verzögert nicht nur die Entscheidung wegen des
zeitaufwendigen Prüfungsvorgangs, sondern vor allem überlagern die
Vor-Stellungen die tatsächliche Situation; die Entscheidungen beruhen also auf
fiktiven (weil nichtaktuellen) und der tatsächlichen Situation unangemessenen
Daten.
Das Problem, dessentwegen
ein Patient in die Therapie kommt, beruht auf genau dieser Fehlerhaftigkeit des
zweiten menschlichen Steuerungssystems, des Denkens. Es entsteht ja, weil
er/sie sich an Erfahrungen orientiert, die zwar irgendwann aktuell waren, es
aber längst nicht mehr sind. Eine Korrektur über eine Reparatur der alten
Programmierung wäre denkbar, ist logischerweise aber extrem zeit- und
arbeitsintensiv (z.B. Psychoanalyse), eine Umschaltung auf Automatikbetrieb
(z.B. durch Hypnose oder durch Drogen) ist möglich, aber nur vorübergehend und
in beschränktem Umfang. Auf Dauer und in zunehmendem Umfang kann diese
Umstellung nur durch eine Lebens-Neuorientierung geschehen, z.B. durch das, was
Religion ihrem Wesen nach ist, nämlich die Erfahrung, dass für den fühlenden
(nicht für den denkenden!) Menschen alle nötige Information rechtzeitig
verfügbar ist.
Letzten Endes geht es
natürlich nicht darum, den Evolutionsprozess rückgängig zu machen und die
Großhirnrinde auszuschalten, sondern darum, ihre Fähigkeit dort einzuordnen, wo
sie hingehört, sie also von ihrer gegenwärtigen Position der obersten Priorität
in der Handlungssteuerung zu entfernen und sie statt dessen einfach als eines
der verfügbaren Werkzeuge einzusetzen. Die oberste Priorität in der Steuerung
hat dann das Fühlen (nicht zu verwechseln mit den Gefühlen!), das dann, wo
immer es notwendig ist, vom Denken unterstützt wird.
NS: Diese permanente
Umstellung setzt natürlich Vertrauen in die Fähigkeiten der menschliche Natur
voraus, das aber ohnehin (außer vielleicht bei Medizinern und Theologen) bei
allen Menschen von Natur aus bereits vorhanden ist, wenn es beispielsweise um
die Regelung des Herzschlags, der Verdauung oder der Wundheilung geht, also um
Fragen, die für die Aufrechterhaltung des Lebens wesentlich wichtiger sind als
die Entscheidungen des Alltags, die wir der uranfänglichen Steuerung bisher
lieber entzogen haben, weil uns in diesem Bereich jenes
"Ur-Vertrauen" eben gewohnheitsmäßig gefehlt hat.
Nun aber müssen wir es
wiederfinden, denn wir müssen uns entscheiden - nachdem wir die
Fehlerhaftigkeit der Denksteuerung und die Unmöglichkeit der Rückkehr zur
unbewussten Instinktsteuerung (die in der Hypnose wieder auflebt) erkannt haben
- die Führung an das bewusste Fühlen zu übergeben.
Viele der biblischen
Geschichten, in denen es ja immer genau darum geht, können uns dabei helfen.
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