Jesus - Maria und Martha
25.7.2004
Die
Geschichte kennt jeder (Lk 10, 38-42):
10:38 Sie zogen zusammen
weiter, und er kam in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn freundlich
auf.
10:39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß.
Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
10:40 Marta aber war ganz davon in Anspruch
genommen, für ihn zu sorgen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich
nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr
doch, sie soll mir helfen!
10:41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du
machst dir viele Sorgen und Mühen.
10:42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat
das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.
Warum
unterstützt Jesus Martha nicht?
Er
unterstützt sie, indem er sie auf ihr Problem aufmerksam macht.
Um
die Geschichte zu verstehen, ist es hilfreich, sie als eine Art „Koan“ aufzufassen, als ein Rätsel, durch dessen Lösung wir
etwas Wesentliches über das Leben erfahren.
Ich
versuche nun, in der Geschichte das zu ergänzen, was nicht gesagt wird, was
damals aber in einer ähnlichen Form sicher gesagt worden ist:
Als
Marta sich beschwert, dass sie die ganze Arbeit hat, während ihre Schwester
Maria nichts tut, hat sie ein Problem, das sie aber nicht bei sich, sondern bei
ihrer Schwester sieht.
Jesus
sagt ihr gewissermaßen, warum beschwerst Du Dich, hat Dir irgendjemand gesagt,
Du musst jetzt in der Küche sein?
Maria
hat auf das geachtet, was sie empfunden hat und sie ist dem gefolgt. Du, Marta,
hast das Gleiche empfunden, aber die eingedrillte Pflicht hat diese Empfindung
überlagert. Wie ein Automat hast Du angefangen zu arbeiten, obwohl auch Du
lieber bei mir geblieben wärst. Du standest unter dem Gesetz, aber nicht
freiwillig, das Gesetz war ein Zwang für Dich, deshalb hat Du Dich über Deine
Schwester geärgert, für die es kein Zwang war und die es sich erlaubte, nichts
zu tun und bei mir zu bleiben.
Aber
– werden Sie nun vielleicht sagen – die Arbeit musste doch erledigt werden. Das
Gebot der Gastfreundschaft war doch vorrangig. Jesus meint, nein, die
Ehrlichkeit ist vorrangig. Und die Beschwerde der Marta zeigt, dass sie ihren
Wunsch, auch bei Jesus zu sein, unterdrückte.
Ja,
aber was wäre gewesen, wenn sie sich auch zu Jesus gesetzt hätte, dann hätte
sie der Gastfreundschaft nicht genügt und Jesus hätte nichts zu essen bekommen.
Jesus
fragt: Habe ich Dir gesagt, Du sollst in der Küche verschwinden?
Aber
dann hättest Du nichts zu essen bekommen.
Ja
und? Wenn ich dann hungrig gewesen wäre, hätte ich es schon gesagt und dann
hätten wir alle zusammenhelfen können. Dann wärst Du nicht nur zuvor schon bei
mir gewesen, sondern ich wäre nachher auch noch bei Dir gewesen und wir wären
nicht nur die ganze Zeit zusammen gewesen, wir hätten auch alle etwas zu essen
bekommen.
Aber
so hast Du nicht getan, was Dein Herz Dir sagte und deshalb musstest Du Dich
ärgern und Du hast Deinen Ärger auch noch an Deine Schwester weitergegeben, die
damit gar nichts zu tun hatte. Anstatt auf Dich zu achten, hast Du Deinen
Fehler ihr angerechnet. Wenn Du von Anfang an auf Dich geachtet hättest,
hättest Du nicht nur Dir den Ärger erspart, sondern auch ihr und Du hättest alles bekommen, was Du wolltest.
Ja,
aber das hätte ich nicht ausgehalten, ich musste für Dich sorgen.
Dann
hättest Du gleich, bevor Du in der Küche verschwunden bist, das sagen und uns
alle fragen können, wie wir das gerne hätten. Dann hätte ich Dir gleich gesagt,
dass Du Dich doch zu uns setzen sollst. Und dann hättest Du auch keine
Schuldgefühle gehabt deswegen.
Ja,
aber dann hätte ich trotzdem Schuldgefühle gehabt.
Dann
hättest Du das sagen können und wir hätten zusammen überlegt, was wir da machen
können und wir hätten eine Lösung gefunden, mit der alle zufrieden gewesen
wären.
Da
fiel Marta Jesus zu Füßen und weinte und er drückte sie an sich und als sie
sich wieder beruhigt hatte, fragte er, was es denn jetzt zu tun gebe. Und dann
entschieden sie zusammen, wie es weitergehen sollte.