Leben
nach dem Tod?
(30. 8. 2001)
Die gewöhnliche Vorstellung vom Leben nach dem Tod ist die
von einer „Auferstehung“, von einem wieder lebendig Werden des
Alltagsichbewusstseins in einem neuen Körper („im Fleisch“), aber in einer Art
jenseitigem Körper, der gewöhnlich als sehr geistig und sehr wenig materiell
gedacht wird. Gleichzeitig glauben die meisten Christen, dass es nicht eine
Wiedergeburt im Sinn einer Seelenwanderung sein soll. Also was ist es? Die
Zeugen Jehovas trauen sich, die christliche Vorstellung ganz trivial
auszudrücken, indem sie sagen, dass die 144.000 Geretteten in ewiger Jugend
stets friedlich und freundlich miteinander leben werden in einem
himmlisch-irdischen Reich ohne Arbeit und ohne alle Schwierigkeiten. Die
anderen Christen stellen sich das im Grund genauso vor (sofern sie etwas
dergleichen überhaupt noch glauben), auch wenn die Theologen es doch
differenzierter sagen. Die scholastische Dogmatik unterstützt die Sicht der
Zeugen Jehovas. Es ist die wohl am weitesten verbreitete Vorstellung.
Ihr steht die Vorstellung von der Seelenwanderung entgegen.
Die gewöhnliche Vorstellung hiervon ist ja allgemein bekannt mit ihren Spitzen
wie der Möglichkeit einer Wiedergeburt als Ameise oder dergleichen. Diese
volkstümliche Vorstellung wird zurechtgerückt von der Bemerkung des jetzigen
Dalai Lama, er sei zwar die Wiedergeburt
eines bestimmten früheren Dalai Lama, aber er sei nicht der gleiche
Mensch wie der, dessen Wiedergeburt er sei. Da ist schon sehr viel gesagt. Was
ließe sich über die gewöhnliche christliche Vorstellung sagen, das die gleiche
relativierende Wirkung hat?
Allein schon das Vorhandensein einer bestimmten Vorstellung
zeigt die Nichtverbundenheit mit dem Geist. Wer den Geist kennt, weiß, dass er
nie irgendeiner Vorstellung entspricht, sondern dass er im Gegenteil immer
überraschend originell ist. Und er weiß deshalb auch, dass es nur einen Unsinn
gibt im Leben, nämlich von dem Geist getrennt zu bleiben, indem man sich ihm
gegenüberstellt und alles besser weiß mit seinen Vorstellungen. Wer den Geist
kennt, ist daher bereit, seine Vorstellungen aufzugeben und sich überraschen zu
lassen. Er weiß auch, dass er nur durch die Gnade des Geists existiert und
deshalb hat er ihm bereits sein Schicksal übergeben, das ohnehin nie seines
war. Das Schicksal ist uns doch einfach gegeben. Wer wurde schon danach
gefragt? Und der mit dem Geist verbunden ist, weiß aus eigener Erfahrung, dass
er nicht besser ist als irgendein Anderer, weil doch auch er immer wieder
scheitert, hundert mal am Tag. Es gibt keinen Grund, sich was einzubilden auf
die eigene Kraft. Sie ist hinfällig, wenn das Schicksal es will und das
Schicksal will es immer wieder in unterschiedlichen Nuancen. Doch – wenn wir
uns bewusst hingeben in diese kleinen, ohnehin unvermeidlichen Tode, erleben
wir jene andere Kraft und in ihr immer wieder ein neues Leben – nach dem Tod.
Wenn wir zunichte geworden sind in irgendeiner Schwierigkeit, erscheint der
Geist und belebt uns auf eine ganz neue Weise. Wir erleben uns selbst als
verwandelt. Und wenn wir das bewusst erleben, dann sehen wir, dass das, was wir
jetzt tun, nicht mehr aus uns selbst kommt, sondern aus dieser Kraft – so lange
wir mit dem Geist verbunden bleiben. Von da an achten wir natürlich auf nichts
mehr, als auf das.
Äußerlich ändert sich vielleicht gar nicht so viel, aber
alles ist anders, weil wir anders sind.
Genauso wenig wie wir bei dem kleinen Tod wissen, dass eine
Auferstehung folgt, weil wir uns mit Haut und Haaren diesem Tod ergeben und ihm
zustimmen, genauso wird es bei unserem physischen Tod sein. Wir werden ihm mit
Haut und Haaren ergeben sein und wir werden nicht wissen, dass es eine
Auferstehung gibt, denn so geht das nun einmal: Wir wissen es eben nicht, immer
wieder nicht und immer wieder werden wir positiv überrascht durch die Gaben des
Geists. Das wissen wir – jetzt wissen wir es, dann werden wir es nicht mehr
wissen, dann werden wir eintauchen in die Schwärze, ohne zu wissen, ob es je
wieder hell wird. Was dann ist, weiß keiner. Aber warum nicht eine sehr
positive Überraschung?
Die gewöhnliche Vorstellung vom Leben nach dem Tod wird uns
auf dem Weg da hin, positiv überrascht zu werden, nicht helfen, eher behindern.
Eine Einstellung des nichtwissenden Vertrauens dagegen wäre vorteilhaft. Und
genau diese Einstellung des Akzeptierens auch des Dunkels bietet die auch
besten Voraussetzungen für jede Art eventueller weiterer Existenz oder
Nichtexistenz. Und das gilt natürlich für die Hindus, die Buddhisten, die
Moslems genauso wie für die Christen und auch für die Indianer und die
Aborigenes. Und sogar für Atheisten. Auch sie suchen doch nach der
vorteilshaftesten Lebenseinstellung.
Was behindert, ist jede Art von Dogmatik. Sie entspricht
nicht dem Geist. Dem Geist entspricht nur das Fühlen. Das Denken ist den
Möglichkeiten des Geists (und des Fühlens) unendlich unterlegen. Das Denken
kann nur rekonstruieren, der Geist kann schaffen – auch Möglichkeiten schaffen,
wenn die Zeit dafür da ist. Zur Unzeit gibt es keine wirklichen Möglichkeiten.
Darauf hat auch Jesus mehrfach hingewiesen, etwa mit seiner Bemerkung, dass die
Leute ja glaubten, die Zeit sei egal, er aber achte jederzeit auf die rechte
Zeit. In der rechten Zeit ist die Konstellation der Kräfte günstig für eine
Kommunikation. Der Geist schafft nämlich nicht durch Hokus-Pokus, sondern eben
durch die vielfältigen Interaktionsströmungen, in denen es immer wieder
optimale Zeitpunkte gibt für bestimmte Einsichten und Veränderungen, während
andere dafür ungeeignet sind.
Solche optimalen Zeitpunkte und Orte für eine Veränderung
gibt es auch in den sogenannten „historischen“ Strömungen, die in völlig
unterschiedlichen Geschwindigkeiten ablaufen, wenn wir etwa an die Unterschiede
denken in der Mode, in der Entwicklung einer Sprache oder bei der Entwicklung
einer biologischen Art oder die Veränderungen großräumiger klimatischer
Bedingungen – gleiches gilt aber auch für die Gefühlsströmungen in uns selbst,
die jeweils unseren Befindlichkeiten entsprechen. Sie sind (für einen fühlenden
Menschen) eine Art innerer Witterung, die in stetiger Verbindung steht mit den
äußeren Witterungen aller Arten. Im Fühlen zeigen sich jene Zeitpunkte und
Konstellationen, in denen unsere Sehnsucht und unsere Wünsche Erfüllung finden
können.
So
ist Bewusstheit. In ihr ist jedes Wesen stets in vielfältigster Weise klar in
sich und mit allem verbunden.
Im
Fall eines (kleinen oder auch des großen) Todes vereint daher ein jedes Wesen
natürlicherweise seine Kräfte und schreit um Hilfe – wenn dieser Hilfeschrei
nicht durch ein Besserwissen blockiert wird. Das gilt schon bei so kleinen
Dingen wie einem alltäglichen Misserfolg. Wenn ein Mensch sich die Situation
völlig klar macht, den Schmerz darin, dann entsteht in ihm so etwas wie ein Energieblitz
und dieser überträgt sich auf die Gefühlsströmungen der lebendigen Welt und
breitet sich in ihnen aus – und trifft auf Antwort aus diesen Strömungen, die
ja durch konkrete Wesen, u.a. (neben z.B. den Tieren, den Pflanzen, auch den
kleinen und großen „Naturereignissen“ etc.) auch Menschen und deren Gedanken,
entstehen. Es ist deshalb vorteilhaft, diese Wesen und auch die Menschen nicht
als isolierte Individuen zu betrachten, sondern als Erscheinungen der
universalen Energie, die eben so vielfältige Formen annimmt, und in der
natürlich nie irgendetwas oder irgendjemand verloren gehen kann oder auch nur
isoliert ist. Nur das Bewusstheit der Verbundenheit kann fehlen, nie die
Tatsache.
Alles
ist stets verbunden, weil alles von Natur aus eins ist, alles ist nämlich diese
eine Energie oder dieser eine Geist. Nichts geschieht von ihm ungewollt oder
unbemerkt. Alles ist ja in ihm und daher hat auch alles Einfluss, denn alles
hat miteinander zu tun. Und die Entwicklung, die alles genommen hat, ist die in
Richtung Bewusstheit dieser Tatsache. Dahin drängt der Geist. Wir können uns
ihm entgegenstellen, als ob wir nur für uns existieren würden. Es wird nicht
klappen. Das Schicksal wird es uns nicht erlauben, jedenfalls nicht bis zum
Ende. Am Ende, werden es alle sehen. Aber es ist sehr schade, wenn wir es nicht
schon vorher sehen. Es wird nicht angenehm sein, dann erkennen zu müssen, dass
man sein Leben verschwendet hat an Nichtigkeiten und an die Illusion einer
separaten Existenz, die am Ende als solche ausgelöscht wird.
Was
dann folgt, weiß keiner. Vielleicht aber auch eine positive Überraschung, weil
doch ohnehin schon die separate Existenz ein Leben lang schwer genug war,
schwer genug, immer in der Fremde zu sein, nie geborgen, immer im Kampf, immer
bedroht. Das war doch schon die Hölle.
Die Illusion der separaten Existenz ist die Ursache allen
Übels. Sie erzeugt nämlich Angst. In manchen therapeutischen Richtungen hat man
das die „Grundangst“ genannt. Und diese Angst kann nicht beseitigt werden,
solange die Illusion besteht, sie wird daher gewöhnlich betäubt, eben durch die
Nichtigkeiten, die als wichtig erachtet werden. Und die Betäubung wird zur
Sucht – und behindert die Bewusstwerdung.
Der Weg der Umkehr ist ein Weg des „Sterbens“, ein Weg der
Kapitulation. Er besteht nämlich darin, dass wir uns bewusst machen, dass es
keine separate Existenz gibt, sondern dass wir (nur) ein Teil der Kraft sind,
aus der alles lebt und dass wir dieser Kraft vollständig ausgeliefert sind,
dass diese Kraft aber unsere Form angenommen hat, wie sie alle Formen
angenommen hat. Natürlich „will“ sie, dass wir uns entfalten. Dahinter jedoch
steht eine andere, nämlich die eine Intention dieser Kraft, die ihr von Anfang
an innewohnt, nämlich durch Entäußerung zu sich selbst zu finden.
Der
Anfang der Welt könnte ja der gewesen sein: Am Anfang war die Energie allein
mit sich selbst und sie konnte ihre Fülle nicht für sich behalten. Sie geriet
in einen Zustand der Ratlosigkeit. Ihr Sein als Einziges kam an sein Ende. Sie
kapitulierte und ergab sich in ihren Tod – als (als ihre „Auferstehung“) der
„Urknall“ folgte und sie sich in die neu entstehende Welt verströmte. Der
Phönix erstrahlt – gleichzeitig aber erkennt er seine Unbewusstheit und –
kapituliert erneut, begibt sich hinein ins äußerste Dunkel, stirbt erneut immer
wieder, um immer wieder als etwas Neues zu erstehen, in einem „langen“ Prozess,
an dessen Ende wieder die Bewusstheit steht, die am Anfang das allein bei sich
Bleiben nicht ertragen konnte – jetzt aber bereichert durch unendliche
Erfahrungen des sich gesehen Habens aus Myriaden von „Augen“ und durch das
reale Da-Sein dieser Myriaden von „Augen“.
In
uns Menschen vollzieht diese Energie diesen Prozess noch einmal, nämlich indem
sie uns durch Schmerzen und Tode zu dem uns angemessenen Bewusstsein unserer
und ihrer selbst führt, dem möglicherweise keine Grenzen gesetzt sind.
An
so etwas muss Thomas von Aquin wohl gedacht haben, als er von „Anschauung
Gottes“ sprach. Gott schaut sich selber an. Und er sieht in der Unendlichkeit (u.a.
auch durch uns), wie er ist.
Durch seine Entäußerung ist Jesus dieses historisch
einzigartige Beispiel. Andere haben sich zwar nicht weniger entäußert als er,
aber ihr Ausdruck war nicht in dieser Weise archetypisch. Sie trafen auf andere
historische Bedingungen, in denen sie die gleiche Botschaft in andere Gewänder
kleiden mussten, angepasst an die politischen Gegebenheiten und Scheuklappen
jener Zeit – und zu den politischen Gegebenheiten zähle ich auch die
theologischen Lehrmeinungen. Sie gehören zur „Matrix“, also zur Ideologie einer
Zeit und einer Kultur. Ein Weiser ignoriert die „Matrix“ nicht, er bezieht sie
mit ein und wirkt dadurch auch unter den manchmal unaufhebbaren Bedingungen der
Lüge, auf deren Benennen die Todesstrafe steht, wie wir das ja aus der
Geschichte kennen.
Bei
der Gottessohnschaft Jesu geht es daher nicht um eine Rangordnung der Existenz,
sondern nur um eine Ordnung der Bedeutung. Unter dem Blickwinkel der Chance zur
Sprengung aller Grenzen und zur Universalisierung einer Stammesreligion wird
hier ein Mensch zum mythischen und archetypischen „Sohn Gottes“ für die gesamte
Menschheit.
Da
alles Geist ist, ist keines nicht Geist. Der Unterschied zwischen Jesus und uns
besteht in der Bewusstheit und im Ausdruck. Wenn wir die Tiefe seiner
Bewusstheit erreicht haben, bleibt immer noch der Ausdruck. Jedes Wesen hat
seinen einzigartigen Ausdruck. Nur in ihm ist es dem Geist treu. Nicht jeder
hat die historische Rolle des Jesus. Deshalb ist Jesus nicht „besser“. Er ist
eben er. Und du kannst nur du sein. Was immer dir dein Schicksal bescheren
wird. Indem du es annimmst, entäußerst du dich und indem du dich darin
verlierst, wirst du dich (deinen wahren Ausdruck) finden. Der Wendepunkt ist
der Punkt der Kapitulation. Wenn wir in dieser Haltung leben, sind wir in der
gleichen Wirklichkeit wie Jesus und in keiner Weise niederrangig im Vergleich
zu ihm. Unsere „Sohnschaft“ unterscheidet sich von seiner weder graduell noch
wesentlich, sondern nur durch unsere eigene Besonderheit. Niemand ist wie
jemand anderer, jeder ist einzigartig und genauso ein einzigartiger „Sohn
Gottes“. - Die Frauen müssen das eben grammatikalisch auf ihr Geschlecht
übersetzen, denn es gibt keinen Unterschied außer den der jeweiligen
Besonderheit.
Ganz anders ist es aber, wenn jemand sich als separat erlebt.
Dann gibt es diese äußerlichen Hierarchien. Und dann gibt es den „Glauben“ an
irgendwelche Dinge – und seien es „spirituelle“ Dinge oder Tat-Sachen. Diese Phase
ist eine schmerzhafte Phase, eben weil die Erfahrung der Getrenntheit nicht
angenehm ist, weil aus der damit verbundenen Angst die ganzen Übel folgen, die
Menschen einander antun und die sie sich selbst antun. Alles, wo die
Bewusstheit fehlt, gehört zum Bereich dieser Übel. „Leiden“ nannte es der
Buddha. Es ist zu überwinden durch den Pfad der Achtsamkeit, also der
Bewusstheit. Und das gilt natürlich nicht nur für Buddhisten. (Ebenso wie die
christlichen Dogmen genauso für alle anderen Religionen gelten, so gelten
natürlich auch die Dogmen aller anderen Religionen auch für die Christen).
Ein Beispiel: Was die Hindus und verschiedene andere
Religionen mit ihren „Göttern“ (ursprünglich) meinen, sind jene Strömungsmuster
der Energie, die ja nicht nur unsere spezielle Form angenommen hat und alle
anderen äußeren Formen, sie erscheint eben auch in den großen
interindividuellen Strömungen, die ja auch wahrnehmbare Formen/Gestalten
bilden. Solche Energiegestalten sind früher auch „Engel“ genannt worden – in den
„monotheistischen“ Religionen durfte es ja keine Götter geben, doch aber
„Mächte und Gewalten“. – Und es gibt generell eben die Strömungen oder diese
Züge, die abwärts führen, Richtung Absterben und es gibt die Strömungen, die
erheben. Ein esoterischer Schüler muss die Strömungen suchen, die ihn erheben
und jene meiden, die ihn runterdrücken. Er muss das absichtlich tun. Einer, der
sich dem Geist ergeben hat, braucht nur noch auf den Geist achten. Und er tut
es von selbst, unwillkürlich. Und der Geist führt ihn dann in die Strömung, die
erhebt, von selbst. Es ist natürlich. Es ist kein Stress. Esoterik ist immer
Stress. Man muss immer auf tausend Dinge achten und dabei übersieht man gern
das Wesentliche. Eben wie der Priester in Jesu Gleichnis vom Barmherzigen
Samariter. Wer will, der kann nicht. Die Erlösung ist nicht zu schaffen. Wer
annimmt dagegen, dem wird es gegeben.
Es ist zu hoffen, dass der Stress der Esoterik die Sehnsucht
nach dem Geist wachruft.
Das
schwingt auch mit in dem mythisch-legendären Kampfes zwischen schwarzer und
weißer Magie oder einfach zwischen gut und böse. Die Esoteriker aller Arten
(sämtliche Priester eingeschlossen, sie gehören ja immer zum „inneren Kreis“,
also zum esoterischen Zirkel ihrer jeweiligen Religion) wollen weiße Magier
sein und gegen die schwarzen Magier der Unterwelt kämpfen, aber durch ihre
Funktion als Vertreter einer bestimmten Tradition, die sich abgrenzt von
anderen Traditionen, leben sie noch in der Illusion der Getrenntheit und
gehören dadurch in Wirklichkeit selbst noch zu den schwarzen Magiern mit allen
negativen Folgen der Unbewusstheit. Statt des behaupteten Verstehens und der
behaupteten Toleranz praktizieren sie ganz viel Intoleranz und Missgunst. Es
ist ihnen aber eben nicht bewusst, weil ihr Geist durch ihre Ideologie in
Fesseln gelegt ist. So ist auch die Bekehrung zur Priesterreligion (egal
welcher Art) letztlich noch nicht die Bekehrung, die gemeint ist mit der
radikalen Umkehr, die jede Religion fordert. Diese Bekehrung erfolgt erst, wenn
uns wirklich bewusst wird, dass wir nur aus Geist bestehen. In diesem
Augenblick erfolgt unsere Hingabe und in der Hingabe sind wir herausgehoben aus
(den Begrenzungen) jeder spezifischen (Religions-)Richtung, aus jedem Muss, in
diesem Augenblick sind wir aufgehoben und mit dem unendlichem Leben erfüllt,
das ausgeht von der einen Kraft, mit der wir jetzt – endlich! – übereinstimmen.
Unser
weiteres Leben ist ein Leben des Fühlens. Eins mit dem Leben selbst. Das ist
das wirkliche Leben nach dem Tod. Was dann beim Sterben folgt, weiß kein
Mensch. Paulus hat es eben so ausgedrückt, dass kein Menschen gesehen ... hat,
was Gott denen bereitet, die ihn lieben. Wer im Leben eins war, wird es im
Sterben auch sein, wohin immer es führen mag. Egal nach welcher Religionsrichtung,
das ist immer das Höchste, das erreichbar ist – ohne erreichbar zu sein: das
„ewige“ Leben – und wenn in der Auslöschung der individuellen Existenz, in
einem Aufgehen im Ganzen, in einer Rückkehr des Bewusstseins in ihren Ursprung
und wenn nur für einen ewigen Augenblick!
Die
realen Aussichten auf ein wie immer geartetes Leben nach dem Tod führen uns
immer ins Jetzt, da hin, wo wir sind. Da ist der Platz unserer Bewusstheit.
Damit müssen wir uns jetzt auseinandersetzen. Und auch darin sind wir bereits im
ewigen Leben. Die Bewusstheit ist das Leben selbst oder in der Bewusstheit
erscheint das Leben selbst, als Leben eben, nicht als ein Begriff: Ein Fluss
und wir bewusst in ihm. Das ist jegliches Leben vor und nach dem Tod.