Opfer sein oder Schöpfer werden?
31.1.2016
Sämtliche Religionen versuchen, ihre Anhänger herauszuführen aus dem Opfer sein und zu ermutigen, zu Schöpfern zu werden.
Da Menschen in ihrer Geschöpflichkeit abhängig sind von der Natur und von anderen Menschen, sind sie immer in Gefahr, sich als Opfer zu sehen und den Sinn ihres Lebens, nämlich Schöpfer zu werden, aus den Augen zu verlieren.
In den Religionen geht es immer um den Weg von der Erde in den Himmel. Der Himmel ist der „Ort“ der erfüllten Wünsche. Die Erde ist das, wovon sich ein Mensch lösen muss, der den Himmel erreichen will – aber sie ist auch das, was alles zur Verfügung stellt, was ein Mensch zum Leben braucht.
Deshalb ist Wertschätzung des Gegebenen die Grundlage des Lebensgefühls eines jeden schöpferischen Menschen.
Opfer sehen keinen Grund zur Wertschätzung. Sofern sie ihr natürliches Streben nach dem Himmel nicht aufgeben und in Depression versinken, sind sie in Gefahr, ihre Intelligenz dafür zu benützen, sich selbst und andere in ihrem Streben nach dem Himmel zu behindern.
Sie erklären den Himmel zur unerreichbaren Illusion und versuchen daher, andere zu Opfern zu machen, zum eigenen Gewinn.
Ihr Himmel wird dann zur Hölle der anderen. Ihre Schöpferkraft verwandeln sie damit in Zerstörungskraft.
Das Gemeinsame des Schicksals der Menschheit haben sie aus den Augen verloren. Sie leben nur noch für sich selbst, aber da suchen sie nach Verbündeten, mit denen zusammen sie doch noch einen Himmel erreichen könnten, der jetzt aber nicht mehr der Himmel aller ist sondern nur ihrer und der ihrer Genossen.
Sie erklären sich unter Umständen selbst zur Herrenrasse, die es verdient, alle anderen zu unterjochen und auszubeuten, wie die Nazis das taten.
Diese Gefahr besteht bei jeder Gruppe, sogar beim „auserwählten Volk“ – solange die ursprüngliche Vision, nämlich der Himmel für alle, noch nicht ins Auge gefasst ist, solange das Opfer sein immer noch eine Rolle spielt, solange ein Mensch sich noch nicht klar entschieden hat, sich auf die Seite der Kraft zu stellen, aus der alles hervorgegangen ist und die sich dafür verwendet, allen zugute zu kommen.
Sobald diese Entscheidung gefallen ist, ist der Weg klar, zumindest für den nächsten Moment – bis die Welt auf unsere Schöpfung reagiert hat.
Dann stellt sich die Frage neu.