Wer berühren kann
(4. 5. 2001)
Der folgende Text ist sehr persönlich und
vollkommen ungeeignet für alle, die an vorgeprägten Begriffen haften. Aber
solche, die ohne fixe Vorstellungen bereit sind, bis auf den Grund zu folgen,
werden in ihm genau das finden, worum es geht.
Aus tiefsten Tiefen rufe ich zu Dir:
Liebster Jesus – wo bist Du – bitte zeig
mir Deinen Weg!
Berühren kann ein Mensch nur so weit, so weit
er den Schmerz des Berührten fühlen und ertragen kann. Deshalb können so wenige
Menschen andere wirklich tief berühren.
Liebster Jesus! Er war bereit, diese Schmerzen wirklich zu
tragen, deshalb konnte er so tief berühren. Deshalb konnte er sogar Tote
aufwecken, denn er ging ihnen nach in den Tod; er nahm ihnen ihre Last und
holte sie zurück. Und denken wir nur – was für ein tiefer Schmerz es sein muss,
der einen Menschen in den Tod holt!
Zeig mir deinen Weg! Ich bin immer noch mit meinen eigenen
Schmerzen beschäftigt, zunächst sogar noch damit, sie zu leugnen. Wie könnte
ich da andere berühren? Ich kann schon einige berühren, aber eben nur die,
deren Schmerzen ich bereits jetzt ertragen kann und nur so weit ich sie
ertragen kann. Wenn ich sie so weit berühren möchte, dass sie heil werden, muss
ich schon noch mehr ertragen können.
Deshalb
das, was die Japaner "Katsugen" nennen, das
ehrliche Hineintauchen in die eigene Gegenwart und da
auch in den eigenen Schmerz. So tief eintauchen, dass
wir auf den Tod stoßen, vielleicht in Form des Tods eines Angehörigen, den wir
sehr gern hatten. Was war das für ein Schmerz, der ihn/sie getötet hat? Er
berührt doch uns auch. Also lassen wir uns berühren! Was war der Schmerz des
kleinen Kinds, das sich noch nicht wehren konnte gegen die erwachsene
Übermacht! Fühle ihn nach bei Dir selbst. Das kleine Kind ist ja noch da. Du
bist es doch. Du bist darauf aufgebaut! Wie willst Du Dich selbst verstehen,
wenn Du Deine Grundlage nicht verstehst? Es geht nicht um den Splitter oder den
Balken in irgendjemandes Auge, es geht um Deinen eigenen Schmerz, der Dich verhärtet
hat. Geh zurück zu ihm und lass Dich erweichen von Deiner eigenen Wirklichkeit.
Dann kannst Du die Wirklichkeit eines Anderen fühlen.
Deshalb – liebster Jesus, wo bist Du? Du selbst bist dieser
Jesus, das tief fühlende Du. Deshalb berührt er Dich, weil Du selbst es auch
bist. Du bist doch auch ein Teil des Ganzen. Warum solltest Du das nicht
fühlen, was das Ganze fühlt, das doch jedes Detail von sich kennt, ja ist.
Deshalb, Jesus, Du bist der ewige Sohn, der ich dann auch bin.
Deshalb – liebster Jesus, wo bist Du, bitte zeig mir Deinen Weg!
Ich hab es noch nicht ganz begriffen, deshalb, bitte zeig mir
Deinen Weg.
Ist doch klar, was der Unterschied ist zwischen Jesus und mir und
ist auch klar, dass Er schon da ist, er ich, ich er, noch nicht ganz zum Bewusstsein
gekommen, aber immer schon da, von Anfang an! Liebster Jesus, es gibt nichts
Lieberes, als das, das Du warst und bist in mir und in allem, Du, der alles
erträgt, der nicht aufhört, sich zu verschenken.
Dein Schmerz führt Dich hin zu ihm! Dein Schmerz führt Dich hin
zu Dir! Denn Du bist es jetzt – nicht mehr Jesus. Er ist nur Dein geistiger
Führer – zu Dir selbst. Wenn Du angekommen bist, bist Du wie er! Und er ist
nicht mehr separat, sondern Du und er sind eins. Du bist es jetzt. Du musst es
jetzt tun. Du musst jetzt die Menschen berühren, wie er es damals getan hat.
Das ist alles.
Deshalb: Gelobt sei Jesus Christus, in Ewigkeit. Amen. Du (Leser)! Berühre
nun!