Von der Kirche der Affen
zur Kirche der Menschen
[eine Skizze]
Teilhard de Chardin wird der Ausspruch zugeschrieben:
"Die Kirche der Zukunft wird sich von der Kirche der Gegenwart so sehr
unterscheiden
wie sich die Menschen von den Affen unterscheiden."
Die Revolutionen des "Glaubens" in der Vorgeschichte des
Christentums
1.
Die Revolution Abrahams:
Aus der Not seiner Bedingungen heraus kehrt er zurück zu
seinem eigenen Wesen, zu seiner Natur: Er lernte, allein seiner inneren Stimme
zu folgen – und nicht mehr den Befehlen seiner Kultur/Sozialisation
2. Die Revolution
des Mose:
Nachdem er selbst sich durch die Not seiner persönlichen
Umstände von seiner Sozialisation befreit hatte und zu seiner inneren Stimme
zurückgekehrt war, drängte ihn seine innere Natur, auch seinem Volk eine neue
Zukunft zu ermöglichen, ihm zu ermöglichen, sich zu befreien von den Zwängen
ihrer Sozialisation und eigene Wege zu finden.
Daß
das nicht so leicht war, zeigen die 40 Jahre Wüstenwanderung, die jeden
einzelnen dazu zwangen, angesichts äußerster Kargheit, auf seine eigene innere
Stimme zu hören, die allen sagte: Zusammenhalten! Damit dieser äußere
Zusammenhalt möglich wurde, kam aus Mose die Lösung für seine Zeit: das Gesetz
3. Die Revolution Jesu:
Die Umstände seiner Geschichte (möglicherweise seine
uneheliche Geburt u.a.) zwangen ihn, sich mit dem Wert der Tradition
auseinanderzusetzen und zu unterscheiden zwischen echt und unecht. So lernte er
die Frommen zu durchschauen und selbst echt zu sein. Aus seiner Natur kam das
alles verändernde: "Im Geist und in der Wahrheit".
4. Die heute notwendige Revolution:
Es ist offensichtlich, daß die
Bräuche der Kirche weitgehend wirkungslos sind: Das Sakrament der Buße befreit
nicht von Schuld, die Firmung ist weit davon entfernt, auch nur den Schimmer
des Heiligen Geists zu vermitteln, die Kommunion verleiht keine Flügel – "Red Bull" tut das – und heutige Exorzismen sind
lächerliche – weil unwirksame – Relikte dunkel-mittelalterlicher magischer
Praxis etc.
Die Tatsachen der
Geschichte:
Nach jeder (doch vom Geist
erzwungenen) Revolution wird versucht, den Geist festzuhalten, institutionell
zu fassen. In jeder Religion, die nicht darauf besteht, daß
es neben den Priestern (bei denen es genügt, daß sie
ihren Beruf erlernen und den Oberen genehm sind) authentische Lehrer gibt, die
nicht durch historische Linien, sondern durch gegenwärtige Taten beglaubigt
werden – also in jeder Priesterreligion – entstehen daher
1. Historisch wachsende Lehrgebäude
2. Historisch wachsende Bräuche
3. Historisch wachsende soziale Strukturen
die
allesamt irgendwann unwirksam – nur noch Müll sind.
Wie wird man
den historischen Müll wieder los?
* Es braucht immer wieder Revolutionen
* oder eben die unbedingte Kernaussage, daß
eine verläßliche Weitergabe nur durch authentische
Lehrer erfolgen kann.
Im Christentum ist das trotz "apostolischer
Sukzession" offensichtlich nicht der Fall. Die Institution hat sich des
Geists bemächtigt. So war das auch zur Zeit Jesu.
Damit diese Tatsache damals nicht ans Licht kam und damit die religiösen
Machthaber weiterhin ungestört ihre Macht ausüben konnten, mußte
der Störenfried, Jesus, sterben.
Was ist geblieben von Jesus?
Von dem, was die Kirche hat,
ist kaum etwas von ihm.
Geblieben sind Spuren, die die Kirche zwar treu bewahrt, aber
überwuchert von historisch gewachsenen, heute aber eben unwirksamen Formen,
unter denen der Ursprung kaum noch auszumachen ist. (Fast alle kirchlichen
Bräuche und Lehren sind synkretistischen Ursprungs.)
Jener
Geist, der Jesus so sehr zum Gegner des religiösen Establishments seiner Zeit
gemacht hat, daß man ihn umgebracht hat, ist
verschwunden.
Hat Jesus damals etwas Neues gebracht?
Nein – er hat nur den Geist der menschlichen Natur [in der
Ausdrucksweise Jesu den "Menschensohn", in der Ausdrucksweise der
ersten Christen den "Christus"] auf seine Situation angewandt, wie
alle "Propheten" vor ihm auch.
Daß
behauptet wird, es gebe durch Jesus etwas Neues, etwa, daß
Gott der Vater sei oder die Nächstenliebe, ist unrichtig, denn all das ist
natürlich im Alten Testament schon genauso da.
Es
gibt allerdings eine Akzentverschiebung, denn neu war die historische Chance,
die Kunde vom Geist der menschlichen Natur über die jüdischen Stammesgrenzen
hinauszutragen in die damalige Welt, in das römische Reich.
Die Konsequenz für die
Theologie:
Ein neues Paradigma
Die Basis der Religion ist nicht mehr eine äußere religiöse
Autorität sondern die menschliche Natur [der "Menschensohn", der
"Christus"]
1. Das neue Paradigma zur Zeit Jesu:
Warum hat Jesus gesagt, Mose wäre glücklich gewesen, hätte er
die Tage Jesu erleben können? Weil, wie gesagt, jetzt eine neue Ebene der
sozialen Evolution erreicht war, weil durch die Möglichkeit, die Stammesgrenzen
zu überschreiten, die Religion jetzt auf eine neue Grundlage gestellt werden
konnte, nämlich auf die Basis einer weltweiten Gemeinschaft derer, die sich als
Kinder Gottes wußten.
2. Das
neue Paradigma zu Anfang des 3. Jahrtausends:
Jesus seinerseits wäre ebenso glücklich gewesen, hätte er
diese, unsere Tage erleben können:
Zum
ersten Mal steht uns alles menschliches Wissen
gleichzeitig zur Verfügung – und das beinhaltet das Wissen aller religiösen
Traditionen. Die Konsequenz ist ein erneut neues Paradigma – obwohl genau
dieses Paradigma natürlich bereits die Grundlage sämtlicher vorangegangenen
religiösen Paradigmen und Revolutionen gewesen ist: Das ganze Leben muß wieder neu betrachtet werden, frisch aus der menschlichen
Natur heraus. Die lineare historische Entwicklung, die zur Erstarrung geführt
hat, muß erneut durchbrochen und abgelöst werden
durch einen evolutionären Sprung.
3. Was
folgt aus der (erstmalig wirklichen) Einheit der Welt?
3.1 Die Erkenntnis, daß "Gott" seit je her
zu allen Menschen "spricht".
3.2
Von da her ergibt sich die Gleichrangigkeit der Religionen.
Was folgt aus deren Verschiedenheit?
Eine größere Bandbreite an Möglichkeiten, jeweils situationsangepaßt,
statt zufällig historisch gewachsen.
3.3
Die Erkenntnis der einen emergierenden menschlichen
Natur:
Von allen Seiten (auch Psychologie, auch Technik etc.) wird
an der Frage gearbeitet (ihre Natur drängt die Menschen dazu): "Was führt
zum Glück?"
Die
Antwort, so weit sie bis jetzt sichtbar geworden ist,
zeigt auf verschiedene Stufen des Glücks – vergleichbar mit den vier
hierarchisch aufgebauten Lebenszielen der Hindus: Lust – Erfolg – Pflicht –
Erlösung.
Es
geht jedenfalls nicht darum, irgendetwas zu verteufeln
3.4 Die Verfrachtung der in Europa historisch gewachsenen
"christlichen" Religion in die dritte Welt
beruhte auf einem Wahn. Daß die Mission trotzdem
Erfolge hatte, beruhte vorwiegend auf der überlegenen (Waffen-) Technologie,
die für einfache Menschen ja immer heißt: "Da wirkt ein überlegener
Geist".
3.5 Genau dieser Überlegenheits-Wahn führt heute bei uns zu
der großen Abwendung von den Kirchen und bei einigen Menschen zu größten
psychischen Problemen.
Konsequenzen für eine universale Religion, bzw.
ein universales Christentum
neben dem es den universalen Hinduismus und Buddhismus längst
gibt und neben dem es den universalen Islam und alle anderen Religionen in
universaler Ausprägung geben kann
1. Politische
Konsequenzen international:
1.1 Eine
Bewegung für die Menschen [ähnlich "Greenpeace", doch nicht nur für
den Umgang mit der Natur, sondern auch mit den Menschen] muß
entstehen und beispielsweise angemessene Rohstoffpreise erkämpfen, etwa in der
Art, wie die Gewerkschaften in der ersten und zweiten Welt höhere Löhne
erkämpft haben, was dann dort bekanntermaßen zu allgemeinem Wohlstand geführt
hat. Diese Bewegung muß auch durch geeignete
Institutionen den wirklich freien Wettbewerb garantieren [was logischerweise
den sogenannten "Entwicklungsländern" wieder höhere Chancen
einräumt], denn das Raubtierdasein ist eine der Grundlagen der menschlichen
Natur, die sich wohl oder übel Geltung verschaffen wird, entweder freiwillig
oder durch einen Kampf, der von den vormals Überlegenen [der "ersten Welt"]
möglicherweise nichts übrig lassen wird.
1.2 Die Ebene der
Religion ist die zweite Grundlage. Es ist die Ebene des Mitgefühls, die zwar
gleichzeitig mit dem Raubtier da ist, aber doch tiefer liegt und von den
Menschen in einem persönlichen Evolutionsprozeß erst
entdeckt werden muß. Damit das geschehen kann:
2.
Pädagogische Konsequenzen:
2.1
Mehrstufige Initiationen, Variationen aus dem Fundus der Völker, sollen
den Blick für die tiefere Realität öffnen
Die Konsequenz: Kooperation statt Kompetition – etwa
nach dem Vorbild der ursprünglichen Lebensweise der Australischen Ureinwohner
2.1.1
Voraussetzung ist, daß die jetzigen
"kirchlichen" Übergangsriten (aller Religionen) und ihre Wirkung ohne
Scheuklappen betrachtet werden – dadurch nämlich wird man bereit werden, das
Unwirksame loszulassen.
2.2 Ein neuer Jahresfestkreis, bzw. mehrjähriger
Festkreis – lokal angepaßt (natürlich nicht die
Frühjahrsriten im Herbst etc., wie das heute auf der Südhalbkugel der Erde
absurderweise der Fall ist)
2.3 Formen zum
Nachdenken, Nachfühlen, Auseinandersetzen, bewußt
Leben.
Es geht in jedem Moment um die ehrliche Betrachtung dessen,
was ist: eigene Gefühle, wirkliche Erfordernisse etc., im Geist eines
immerwährenden Gebets.
2.4 Das alles ist jetzt bereits im Entstehen. So wie das Christentum im zweiten
und dritten Jahrhundert langsam Form angenommen hat, so entstehen jetzt bereits
diese Formen.
Die Formen entstehen durch authentische Lehrer, die heute bereits aus
allen Religionen hervorgehen und sich lösen von den historischen
Verfestigungen.
Diese
Lehrer unterscheiden sich in nichts von den anderen Menschen, außer dadurch, daß sie aufmerksam geworden sind, daß
sie sensibel nach innen und nach außen hören – so wie Jesus es schon gelehrt
hat und alle Lehrer aller anderen Religionen auch.
Was sind die Kirchen jetzt –
was müssen sie werden?
1. Jetzt sind sie Asyl
für die Ängstlichen (die künstlich ängstlich Gehaltenen),
die sich nicht zu leben trauen, weil sie durch nichts darauf
vorbereitet worden sind – weil die Übergangsrituale wirkungslos sind – man
wollte sich ja schließlich keine selbständigen Menschen heranziehen, die
könnten sich doch unabhängig machen.
In
einer Kirche der Zukunft müssen die Rituale in den Menschen Raum schaffen für
das reale Leben und für ein liebevolles Leben.
2. Weil das
noch nicht so ist, sind die Kirchen jetzt vorwiegend Erlaubnisvereinigungen,
d.h. Vereinigungen von Menschen, die von Haus aus keine Erlaubnis zu leben
haben, die sich eine solche von dem Verein (der Religionsgemeinschaft)
besorgen, der sie ihnen gibt unter der Bedingung, daß
sie seine Gesetze beachten.
Die Einschränkungen, die sie den Mitgliedern auferlegen,
bringen aber oft nicht die Erfahrung, die sie versprechen (das sich als Kind
Gottes Fühlen) – im Gegenteil, sie machen schwache Menschen manchmal sogar
verrückt vor Schuldgefühlen und die Starken führen sie statt zum Mitgefühl
nicht selten zur Selbstgerechtigkeit, sofern der religiöse Wahn, der hinter
diesem Verhalten steckt, einen Menschen nicht sogar in die Psychiatrie treibt.
In
einer Kirche der Zukunft muß die Moral, die jetzt
Verbots-/Erlaubnis-Funktion hat wieder zu einer Art Geist-such-Gerät werden zum
Aufspüren des richtigen Kurses im Leben.
3. Jetzt
sind die Kirchen festgefahrene Fahrzeuge (der Begriff stammt aus dem
Buddhismus, wo man von kleinem und großen Fahrzeug, d.h. Weg, spricht), die
kaum jemand ans andere Ufer zu bringen vermögen.
Sie müssen wieder flott werden oder andere werden ihre
Aufgabe übernehmen. Der Geist sorgt nämlich dafür, daß
immer irgendjemand diese Aufgabe erfüllt.
Die heutige Situation mit
den Augen Jesu betrachtet
Damals mußte Jesus zu seinen
Schülern sagen: "Ihr könnt die Wahrheit noch nicht ertragen."
Jetzt gibt es einige, die sie ertragen können. Für sie sieht die alte Lehre
dann so aus:
Alle Dogmen (aller
Religionen) sind wahr, aber ihre Wahrheit ist noch nicht vollständig enthüllt.
Aus
diesem Grund scheinen sie jetzt absolut zu gelten und
sich in manchen Punkten zu widersprechen. Sie sind aber nur noch nicht
eingeordnet in den Gesamtzusammenhang, eben in ihren Rahmen, bzw. der Rahmen,
in dem sie sich befinden, wird noch nicht als solcher gesehen. Man glaubt –
noch – das drinnen wäre alles, doch es ist nur das All eines bestimmten Rahmens
– so wie früher die Erde als das All galt. Es gibt aber eben noch andere Rahmen
(die anderen Religionen).
Sobald das anerkannt ist, entsteht
die Religion der Menschen.
Und eines Tages wird sich
zeigen, daß auch dieser neue Rahmen wieder nur einer
der Inhalte eines noch größeren Rahmens ist...
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